Projektbeschrieb GemeindePOWER-Projekt  = Leitbild der Politischen Gemeinde

 

GemeindePOWER hat nichts mit „Power“ im Sinne von Energie zu tun, sondern „Power“ im Sinne von Engagement. Die Gemeinde Hohentannen hat kein Leitbild, das GemeindePOWER-Projekt ist stattdessen der strategische rote Faden, an welchem sich der Gemeinderat orientiert.

Wie kam es dazu
Nachdem im Jahre 2007 ein neuer Gemeinderat gewählt wurde, hielt dieser kurze Zeit später eine Klausurtagung ab, in welcher die Stärken und Schwächen Hohentannen’s eruiert wurden. Dabei wurden schliesslich drei grosse Themenbereiche bestimmt, die es zu verändern galt: Erstens sollte das Handeln der Gemeinde auf Nachhaltigkeit und Langfristigkeit ausgelegt werden, zweitens wollten wir Projekte im Sinne eines Für- und Miteinanders statt eines Gegeneinanders zusammen mit den Einwohnern realisieren; der dritte Punkt war eine Entwicklungshilfe für das Dorf. Die Schweiz schickt viel Entwicklungshilfe in andere Länder, dabei hätten wir in der Schweiz auch Entwicklungshilfe nötig. Am 24.09.2007 wurde die Bevölkerung über die Ideen in der Hirscheschür informiert. An diesem Anlass nahmen über 100 Interessierte teil.
Dies war dann auch der Startschuss. Seither wurden viele Informationsveranstaltungen durchgeführt.

 

GemeindePOWER bedeutet Eigenständigkeit
Unter dem Namen «Gemeindepower» wird die Wahrung der Eigenständigkeit der Gemeinde und eine zukunftweisende Entwicklung in den Bereichen Ökologie, Soziales und Wirtschaft zusammengefasst. Einige dieser Projekte geniessen heute sogar schweizweit Vorbildcharakter (Zitat aus mehreren Zeitungen). So deckt die Gemeinde einen Drittel ihres jährlichen Stromverbrauchs mit Hilfe von Photovoltaikanlagen ab. Bemerkenswert dabei ist, dass bis auf zwei Anlagen auf Gemeindegebäuden alle anderen 30 Anlagen auf private Initiative zurückzuführen sind.
Die Wahrung der Eigenständigkeit kann aus Sicht des Gemeinderates nur erreicht werden, wenn die Gemeinde Hohentannen möglichst unabhängig agieren kann. So soll selber über das Wasser, über den Strom oder das Geld bestimmt werden können. Falls in diesen Beziehungen Abhängigkeiten vorhanden sind, kann die Gemeinde nicht autonom sein, sprich die Eigenständigkeit wäre gefährdet. So wurde als grosses Ziel der Schuldenabbau vorangetrieben, damit man finanziell auf „eigenen Füssen“ stehen kann, also nicht abhängig ist. Im Jahre 2006 betrug die Verschuldung pro Einwohner noch Fr. 3'200.--, welches die zweithöchste im Kanton bedeutete. Seit dem Jahre 2010 ist die Gemeinde schuldenfrei; als Zeichen dieses Meilensteines steht seither auf dem Hirschenplatz die Schweizer Fahne.

 

Das Wasserwerk (z.B. Leitungen = letzte Meile) oder das Elektrizitätswerk der Gemeinde wird sicher nicht veräussert, wie dies z.B. im Ausland der Fall ist, sondern muss im Besitz und damit in der Hoheit der Gemeinde (oder teilweise Region) bleiben, ansonsten man sich in eine Abhängigkeit begibt und nicht mehr über die elementarsten Dinge selber befinden kann (z.B. Preisbildung).

 

Einwohnerbeteiligung
Die Mitbestimmung in kleineren Gebilden ist meist wesentlich grösser. Und diese Bürgerbeteiligung ist uns sehr wichtig. An unserer Gemeindeversammlung sind zwischen 12 bis 20 % der Stimmbeteiligten anwesend. In grösseren Organisationen stellen wir fest, dass die Beteiligung mit teilweise nur noch 1 % sehr tief ist und das Interesse auch nachlässt. Jeder 11. Einwohner hat eine Gemeindeaufgabe; sei es in einer Kommission, Wahlbüro, Strassendienst oder in der Schul- oder Gemeindebehörde.

 

GemeindePOWER heisst auch regionale Wertschöpfung
Es ist die regionale Wertschöpfung, die uns am Herzen liegt. Mit der Energieproduktion haben die Gemeinden am meisten Verantwortung aus der Hand gegeben und ausserdem wurde sie am meisten zentralisiert. Nun versuchen wir, uns wieder ein Stück vom Kuchen abzuschneiden. Daher kommt es nicht von ungefähr, dass so viele Photovoltaik- und thermische Anlagen auf den Dächern installiert wurden. Heute hat jedes 8. Haus eine eigene Stromanlage. Der Wärmeverbund der HolzPOWER Wärmeverbund GmbH versorgt jedes 2. Haus im Dorf Hohentannen, und 75 % aller Einwohner heizen mit heimischem Holz – ein Rohstoff mit kurzen Transportwegen – und das Geld bleibt im Dorf.
Der «Hohentaler» ist wohl das Paradebeispiel der regionalen Wertschöpfung. Im 2009 haben wir im Gemeinderat besprochen, wie man das heimische Gewerbe unterstützen könnte. Anstatt die Steuern um fünf Prozent zu senken, haben wir dann das erste Mal Hohentaler unter der Gemeindebevölkerung verteilt.

 

Rückzug aus 2000 Watt-Pilotprojekt

Die Gemeinde hat sich im Jahre 2011 als Pilotgemeinde für das Projekt „2000-Watt-Gesellschaft“ zur Verfügung gestellt und engagiert.
Als das Resultat vorlag inkl. umzusetzender Massnahmen, war für den Gemeinderat klar, dass unsere Bevölkerung bereits schon sehr viel gemacht hat und stark gefordert wurde. Wir haben uns darum nach der Pilotphase aus dem Projekt gelöst. Eigenständigkeit heisst nicht, dass wir uns abschotten. Im Gegenteil, Eigenständigkeit heisst für sich selber sorgen und bestimmen können und die Zusammenarbeit rundherum zu fördern (z.B. Zusammenführen der Feuerwehren Zihlschlacht-Sitterdorf und Hohentannen). Gleichzeitig kann aufgezeigt und vorgelebt werden, dass kleine Gebilde – wie die Politische Gemeinde Hohentannen – durchaus funktionieren und als Vor­bild dienen können gegen die grassierende Fusionswelle (Fusionitis ist ein Virus mit tödlicher Nebenwirkung), welche – aus Sicht des Gemeinderates – nicht nur Vorteile, sondern mehrheitlich Nachteile für den Einzelnen mit sich bringen.

 

Hohentannen kapieren und kopieren
Viele fragen mich, wie das erreicht wurde: mit HERZ statt Ego. Auch werde ich immer wieder für Referate angefragt, sodass ich schon über 80 Vorträge in der deutschsprachigen Schweiz gehalten haben.

 

Gemeinsamer Erfolg – Danke!
Das Wichtigste zum Schluss: Dieser Erfolg ist nur Dank dem grossen Engagement der Bevölkerung möglich, sei es durch Mitarbeit in Projektgruppen, der Energiekommission oder durch Mitmachen beim Einlösen des Hohentalers, beim Wärmeverbund, Bau von Solaranlagen oder Anschluss an die Telekommunikation (Fibre tot he Home FTTH) der Telekabel Bischofszell AG.
Das Projekt GemeindePOWER.ch hat die Einwohner zusammengeschweisst, die Gemeinschaft gestärkt und zufriedener gemacht, was eben zeigt, dass man gemeinsam mehr erreichen kann als alleine.
Die vielen grossen Leistungen der Einwohner bei der Realisierung von erneuerbaren Projekten zeigen auch, dass die Energiewende bei uns schon lange begonnen hat. Für unsere Gesellschaftsleistungen sind wir im Jahre 2014 gleich drei Mal ausgezeichnet worden: Solarpreisdiplom, Thurgauer Energiepreis für die beste Idee sowie den 1. Rang (von 108 Projekten) beim Klimapreis der Zürich Versicherungen. Über diese Anerkennung und Würdigung freuen wir uns sehr und es motiviert uns, weiterzumachen.

 

Übrigens zeigen sich hier www.youtube.com/watch?v=zG7WFir7VNs im originellen Werbefilm Happy Hohentannen-Heldswil, bei welchem jeder 6. Einwohner mitgemacht hat, glückliche Einwohner bei einer (Lieblings-)Beschäftigung.